Online-Magazin für Fans der Digedags und der Abrafaxe

Abrafantasien

Anne Bonny war in Hoy

20.9.2001


Das vom 10. bis 16. September 2001 in der KulturFabrik in Hoyerswerda durchgeführte 7. Kinderfilmfestival bot am Abschlussnachmittag die Gelegenheit, Die Abrafaxe – Unter schwarzer Flagge etwa sechs Wochen vor dem offiziellen Bundesstart anzusehen.

Ein angemessenes Rahmenprogramm bot sich den Weitgereisten dar: ein Verkaufsstand mit aktuellen Abrafaxe-Büchern war aufgebaut; Jungzeichner Niels Bülow signierte und graphierte; eine außerordentlich sehenswerte Ausstellung des ehemaligen DEFA-Trickfilmstudios Dresden war zu bewundern; ein Preisrätsel zu den in dieser Woche gezeigten Filmen konnte gelöst werden. Die Preise – Kinderbücher, Filmplakate, Mosaikhefte inklusive einem Händedruck des anwesenden Califax – wurden im Anschluss an den Film verlost.

Die Filmvorführung fand im mit etwa 200 Besuchern vollbesetzten Saal statt. Um es ohne Umschweife zu sagen: der erste Abrafaxe-Spielfilm hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Handlung ist dem Sujet entsprechend einigermaßen logisch, dramaturgisch gut aufgebaut, technisch hervorragend produziert und mit den notwendigen Zutaten Spannung, Humor und einer Prise Emotion versehen.

Die nach den ersten Pressevorführungen des Films geschriebenen Kritiken kann ich in einigen Punkten nicht nachvollziehen. Insbesondere in der Anfangsszene bemerkte ich nichts von einem „HipHop-Abrafax“, lediglich Abrax fuchtelte kurz mit einem Schwert vor Califax' Nase herum (da der Film jedoch insgesamt nur gut 70 Minuten dauerte, ist ein nachträglicher Schnitt nicht völlig undenkbar...). Auch die Sequenz mit Anne Bonny und Abrax auf der Klippe war nicht über-animiert, die flatternden Haare entsprachen der windigen Lage.

Besonders aufgefallen ist der Einfluss des „richtigen“ Publikums auf die Wirkung des Films, denn 90 Prozent der Anwesenden waren aus der Zielgruppe von 5-15 Jahren (geschätzt). Bestimmte Szenen, die überreife Menschen als etwas albern ansehen würden, wurden mit lautem Gelächter im Saal quittiert.

Dennoch waren auch die feineren Gags für Ältere ausreichend vertreten. Mein persönlicher Favorit ist die Szene, in der es sich die beiden Matrosen Juan und Carlos während der Seeschlacht mit ihren Rumfässchen im Ausguck gemütlich machen und kommentieren: Hier im dritten Rang hat man die beste Sicht.Ja, im Parkett sitzt immer einer mit einem großen Hut davor! Dass die beiden dann unfreiwillig den Kampf entscheiden, steht auf einem anderen Blatt und ist doch so recht mosaiktypisch!

Die Stelle mit dem Tod des alten Steuermanns Shanty war insbesondere für die Jüngeren schockierend. Viele Kinder wandten sich erschrocken ab oder hielten sich die Augen zu.

Die zeichnerische Umsetzung der Abrafaxe kann zufriedenstellen; bis auf Califax, der sehr weit von der Norm entfernt wurde, haben sie noch gewisse Ähnlichkeiten mit den aus dem Comic bekannten Zeichnungen. Das gilt allerdings nur, solange sie im Film animiert dargestellt werden. In gedruckter Form möchte ich die Filmfaxe dennoch nicht mehr als unbedingt notwendig sehen. Umgekehrt werden die durch den Film neu gewonnenen Leser Probleme mit dem Wiedererkennungsfaktor im MOSAIK-Heft haben, denke ich.

Digedag als Pirat?
Digedag als Pirat?

Nicht ganz zufrieden war ich mit der Stimme von Nena als Anne Bonny. Wenn sie auch in emotionalen Szenen ganz gut 'rüberkam, konnte man ihr die wütenden oder energischen Phasen beim besten Willen nicht abnehmen, dafür ist ihr stimmliches und schauspielerisches Können nun mal nicht ausreichend. Auch der Sprecher des Don Archimbaldo war oft kaum zu verstehen, lag's an der einfachen Tontechnik des Kinos oder an der Über-Akzentuierung der Figur.

Eines ist mir allerdings rätselhaft geblieben: wie beim Barte des Klabautermanns ist der alte Digedag unter die Freibeuter geraten?

Summa summarum empfehle ich jedem, sämtliche verfügbaren Kinder zu nehmen und ab 25. Oktober in die Kinos zu strömen. Natürlich kann man auch auf dieses Alibi verzichten und ohne Kinder in den Film gehen...

– Ganz am Rande noch angefügt: obwohl völlig incognito und unangekündigt nach Hoyerswerda gereist, hatte ich schon vor der Vorstellung die Ehre, von Wido nebst Mutter Wexelgeld produzierten Roxanes Original-Krokant aus dem Califax-Kochbuch zu probieren (Hart, aber herzlich!), musste nach dem Film ein Interview für die örtliche Presse geben und bin schließlich mit dem einzig übriggebliebenen Filmplakat als Souvenir glücklich wieder abgereist.